Leute, wir leiden los mit dem Privilegiuminus heute.
Privilegiuminus ist einer der zentralen Dokumente für die Beziehung zwischen den Fürsten und
dem Königtum in der frühen Staufferzeit.
Also viele von unseren Dokumenten werden diese Beziehung betreffen, weil das im Prinzip
die Verfassung des Reiches ist.
Alles andere zählt nicht.
Aber wir müssen ein bisschen tiefer einsteigen, denn das Privilegium Minus ist seit mehr als
100 Jahren Gegenstand, vielleicht nicht erbitterter, aber sehr engagierter wissenschaftlicher Auseinandersetzung.
Und es ist selbst für einen Außenstehender, ich meine, Sie wissen ja alle, ich bin Wirtschaftshistoriker,
diese Puzzle-Spiele im Hochmittelalter betrachte ich ungefähr so wie viele Leute, die Pferde
rennen, betrachten.
Man hat nichts drauf gesetzt, aber es ist immerhin interessant, mal zu gucken, wie Sie
hineingaloppieren.
Ist nicht mein Bier, aber es ist unglaublich faszinierend.
Und hier, gerade beim Privilegium Minus, spielt die Textkritik, und zwar die Uraufgabe der
Textkritik, überhaupt festzustellen, welchen Text wir interpretieren sollten, um irgendetwas
über die Vergangenheit herauszubekommen, eine ganz gewaltige Rolle.
Wir haben vor zwei, drei Sitzungen gesagt, die Geschichte, was man so im Handbuch liest,
die Geschichte ist lediglich die bisher beste vorgelegte Erklärung für die Quellen, die
wir kennen.
Aber die Voraussetzung für eine solche Erklärung der Quellen ist selbstverständlich, dass wir
die Quellen haben und nicht irgendwelche verfälschten, zu späteren Zeiten ergänzten, edierten,
was auch immer, dass wir wirklich den Text interpretieren, den man damals produziert
hatte.
Das nennt man, kompliziertes Fachwort, den authentischen Text.
Der authentische Text ist nichts anderes, als der Text eine Chronik, so wie der Chronist
es aus der Hand gegeben hat.
Der Text eine Urkunde, so wie es aus der Kanzlei kam.
Nun, das Problem ist in vielen Fällen, dass wir nicht mehr das Original haben.
Bei Chroniken und Analen ist das seltenst der Fall.
Es gibt Ausnahmen, man ist umso glücklicher, wenn man so ein Ding hat, aber es ist nicht
die Regel.
Bei Urkunden etwas weniger, in unserem Fall haben wir tatsächlich das Original nicht
mehr, dazu komme ich gleich.
Und das Problem mit jeder Abschrift ist, dass sich Fehler einschleichen.
Eine perfekte Kopie, eine schriftliche Unterlage gibt es vor der Erfindung des Fotokopierers
nicht mehr und ehrlich gesagt, die ersten Jahre des Fotokopierers waren auch nicht so
perfekt.
Das heißt, wenn wir den Text etablieren wollen, den wir zu interpretieren haben, etwas über
die Vergangenheit auszusagen, dann müssen wir erst einmal die Abschreiberfehler bereinigen,
denn ansonsten jede Interpretation einer Quelle, die auf den falschen Text aufbaut, kann nicht
zutreffendes über die Vergangenheit aussagen.
Das ist besonders problematisch beim Privilegio Minus, weil wir nur eine einzige vollständige
Abschrift haben und die ist aus der Mitte des 13.
Jahrhunderts, wie die Paläographen unschwer an der Schrift erkennen werden.
Diejenigen, die es nicht erkennen, die müssen es mir einfach glauben, aber ungefähr Mitte
des 13.
Jahrhunderts stammt diese Abschrift ab.
Und das heißt, unsere erste Frage und das, was so in der Wissenschaft so lange und engagiert
debattiert wurde, ist, welcher Text ist richtig.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
01:17:53 Min
Aufnahmedatum
2010-11-22
Hochgeladen am
2011-04-11 13:53:29
Sprache
de-DE